Kladrau
tsch. Kladruby
Die Stadt K. liegt 34 km westlich von Pilsen/Plzeň.
Böhmen
Lage in der Region Pilsen/Plzeňský kraj, ehem. Bezirk Tachau/Okres Tachov, im Westen der Tschechischen Republik.
Stadtmauer vor blauem Hintergrund, auf dem sich ein Kruzifix sowie die flankierenden Maria und Johannes befinden. In der Toröffnung der Mauer kniet ein Herrscher in devotionaler Haltung, wobei seine Krone vor ihm auf einem Kissen liegt. Ein von zwei Engeln getragenes und ein mit einer Krone versehenes Wappenschild mit der Initiale „M“ des Kaiser Matthias (* 1557; † 1619) im Bild krönt die Toröffnung.
K. wurde in Zusammenhang mit der Gründung des Benediktinerklosters durch den böhmischen Herzog Vladislav I., dessen Grablege sich in der Klosterkirche befindet, im Jahre 1115 erstmals urkundlich erwähnt. Die Gründungsurkunde des Klosters wird dabei in der Wissenschaft als Fälschung aus dem späten 12. Jh. diskutiert. Die mit Mönchen aus Zwiefalten besetzte Abtei profitierte von der wirtschaftlich günstigen Lage an dem später „Goldene Straße“ genannten Handelsweg zwischen Nürnberg und Prag. Die Klosterkirche wurde im Jahr 1233 in Anwesenheit von König Wenzel I. geweiht. Eine Urkunde des böhmischen König aus demselben Jahr bestätigt das von Herzog Vladislav III. erteilte Marktrecht der Stadt von 1197. Die politischen Unruhen während und nach der Regierungszeit Přemysl Ottokars II. (†1278) zogen auch die Klosteranlage in Mitleidenschaft. In der zweiten Hälfte des 14. Jh. wurden unter Abt Ratzek von Prostibor/Racek z Prostiboře der Ostchor der Klosterkirche sowie die Allerheiligenkapelle errichtet.
In einer Urkunde von 1616 privilegierte Kaiser Matthias die Stadt K. mit der roten Wachsfreiheit und fügte in das Stadtwappen seine Initiale „M“ ein. Der Wiederaufbau der in Folge der Hussitenkriege und des Dreißigjährigen Kriegs stark beschädigten Anlage erfolgte im frühen 18. Jahrhundert. Die ursprünglich als romanische Basilika errichteten Klosterkirche Mariä Himmelfahrt wurde dabei in den Jahren 1712 bis 1726/28 durch den Architekten und Maler Johann bzw. Giovanni Santini-Aichel (*1677; †1723) in den Formen der Barockgotik errichtet. Für die Innenausstattung der Kirche waren u. a. die die Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin Asam zuständig; der Skulpturenschmuck entstand im Umkreis von Matthias Bernhard Braun und Karel Legát. Im Anschluss an das sog. Alte Konventsgebäude im Süden der Kirche entstand von 1729–1739 das Neue Konventsgebäude als Vierfügelanlage nach einem Entwurf von Kilian Ignatz Dientzenhofer (*1689; †1751). 1785 wurde das Kloster in Folge der Josephinischen Reformen säkularisiert; 3.4.3. 1825 erwarb Alfred I. zu Windisch-Graetz das Klosterareal, das bis 1945 in Familienbesitz blieb.
Große Teile der Bibliothek sowie das Familienarchiv haben sich erhalten.
Die Publikation Wilhelm Weschta: Kladrau. Geschichte eines Klosters und einer Stadt. Dinkelsbühl 1966 ist die einzige bisher erschienene neuere monographische Abhandlung zur Stadt- und Klostergeschichte. Sie pendelt zwischen historisch fundierter und annotierter Forschung gerade zur Frühzeit des Klosters und der Stadt sowie revanchistischen Kommentierungen vor allem zur Geschehensgeschichte im 20. Jahrhundert.
Marco Bogade: Kladrau/Kladruby. In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, 2011. URL: http://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/?art=52906 (Stand: 27.10.2011).